Hochrhein – Bodensee – Schwäbische Alb – Neckar

Genau an dem Tag, an dem ich zu meiner kleinen Tour zu den Bregenzer Festspielen startete, machte der Regen im August 2023 eine Pause. Bei hochsommerlichen Temperaturen kam mein Zug in Basel-Bad an. Und dort war ich zu meiner Verwunderung in der Schweiz, ohne dass es Grenzkontrollen gegeben hätte. Den Moment, als die Schweiz dem Schengenraum beigetreten war, hatte ich wohl verpasst. Direkt am Bahnhof beginnt der Radweg und nur einen Kilometer weiter ist man am Rhein. Der Hochrhein mit seinem grünen Wasser hatte mir schon 2015 gefallen und so war die Aufführung der Madame Butterfly in Bregenz Anlass genug, die 120 km von Basel bis nach Stein am Rhein am Hochrhein ein zweites Mal abzuradeln. Perfekt passte das heiße, sonnige Wetter zu meinem Plan zu zelten. Es mangelt nicht an Zeltplätzen auf dieser Strecke. Die erste Nacht verbrachte ich auf dem Camping Hochrhein, ein Campingplatz direkt am Radweg und direkt am Rhein. Der Radweg verläuft nicht durchgehend direkt am Rhein. Der Weg führt auch durch kleine Städtchen sowie an Industriegebieten, Wasserkraftwerken und Umspannanlagen vorbei. Die Abschnitte am Rhein im Hochsommer ließen trotz Hitze und Anstrengung mein Herz aufgehen. Grüne Bäume und Wiesen, in der Sonne grün-blau leuchtendes Wasser und kleine Städtchen mit historischen Ortskernen machten die Fahrt zum Vergnügen. Viele E-Biker waren unterwegs – meist flussabwärts, während ich auf meinem Bio-Bike langsam die zweihundert Höhenmeter von Basel zum Bodensee hinauffuhr.

Schwimmen im Hochrhein ist eine beliebte sommerliche Aktivität der Anwohner. Verlockend bei der Hitze. Nur für mich als Ortsfremde keine Option. Die Anwohner schwimmen mit Schwimmschlauch, in dem sie ihre Kleidung transportieren und an dem sie sich festhalten können. Außerdem sollte man die Einstiegs- und Ausstiegsstellen kennen, um nicht unbeabsichtigt immer weiter im Rhein zu treiben. Deshalb machte ich nur Pause im Schwimmbad und schaute den Einheimischen beim Baden im Rhein zu.

Am nördlichen Ufer des Hochrheins verläuft der Radweg abwechselnd durch Deutschland und die Schweiz. Man braucht keine Schweizer Franken auf dieser Strecke, weil man bequem in Deutschland übernachten und einkaufen kann. Den imposanten Wasserfall von Schaffhausen passierte ich diesmal auf der südliche Rheinseite. Dort befindet sich die Aussichtsplattform oberhalb des Rheinfalls unterhalb des Schlosses Laufen am Rheinfall. Inmitten des hochsommerlichen Touristenstroms stieg ich hinab zur Aussichtsplattform, um anschließend schnell weiterzufahren und die Strecke von Schaffhausen nach Stein am Rhein mit Blick auf das Rheinufer zu genießen.

Rheinfall von Schaffhausen
Rheinufer in Schaffhausen

In Stein am Rhein verengt sich der Untersee zum Rhein. Von hier aus sind es noch 20 km am nördlichen Ufer des Untersees entlang bis nach Gaienhofen zum Campingplatz Höristrand. Dieser Abschnitt hat einige starke Steigungen und müde von der Fahrt musste ich bei 10% Steigung und mehr auch mal absteigen und schieben.

Der nächste Morgen begann mit Warten. Warten auf die Fähre von Gaienhofen nach Berlingen auf der Schweizer Seite. Nur donnerstags fährt die erste Fähre um kurz nach 10 Uhr, an allen anderen Tagen erst um kurz nach 12 Uhr. Ein Paar mit E-Bike, das ebenfalls vergeblich auf die Fähre wartete, legte die Strecke kurzerhand mit dem E-Bike zurück. Ich dachte an die Steigungen vom Vortag und wartete gerne in einem der Liegestühle. Nach der Ankunft in Berlingen ist man dann schnell die flache Strecke von Berlingen zum Konstanzer Hafen geradelt. Dort fährt der Katamaran, der Fahrräder mitnimmt, stündlich von Konstanz nach Friedrichshafen ab. Vorne auf dem Katamaran stehend scheint man über den Bodensee zu fliegen. Langsam nähern sich die hohen Gipfel der Vorarlberger und Schweizer Alpen. Und schon nach einer Stunde legt der Katamaran in Friedrichshafen an, um eilig nach kurzem Aufenthalt den Rückweg anzutreten.

Die Strecke von Friedrichshafen nach Lindau ist weitgehend flach. Langenargen, Kressborn und Wasserburg liegen am Weg. Die Seeuferpromenaden mit Blick auf die Schweizer Alpen und die kleinen Innenstädte luden zum Verweilen ein. Aber schnell fuhr ich die 26 km zu meinem Ziel bis nach Lindau.

Lindau

Etliche Male war ich schon in Lindau und auch bei den Bregenzer Festspielen auf der Seebühne. Immer wieder zieht mich der Lindenhofpark in Bad Schachen mit seinem alten Baumbestand und seiner Badestelle an. Eine Steintreppe führt in den See. Im See schwimmend sieht man Lindau Insel und auf der anderen Seeseite die Berge und das Rheintal. Die alten hochgewachsenen Bäume spenden im Sommer Schatten. Der Park und die Badestelle sind ein beliebtes Ausflugsziel.

Oben im Lindenhofpark befinden sich die Friedensräume in der Villa Lindenhof, einer alten Parkvilla. Sie werden von Pax Christi betrieben und erinnern u.a. an Personen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, die sich für Frieden engagiert haben und an die Friedensbewegung der 1980er Jahre. Die Friedensräume sind die erste Station des Lindauer Friedenswegs, der im Jahr 2004 anlässlich des Bodensee-Kirchentages im 2004 von der Pax-Christi Gruppe Lindau gestaltet wurde. Leitspruch des Friedenswegs ist ein Ausspruch von Mahatma Ghandi:“Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.“

Auch die Informationssäul vor dem Eichwald-Schwimmbad in Lindau, die an Zwangsarbeiter im zweiten Weltkrieg erinnert, wurde von der örtlichen Friedengruppe gestaltet. Schicksale von französischen und russischen Zwangsarbeitern im Rüstungsbetrieb Dornier werden dort dargestellt.

Madame Butterfly auf der Bregenzer Seebühne

Der letzte Abend der diesjährigen Bregenzer Festspiele und der Spielzeit von Madame Butterfly hat das Beste aus sich herausgeholt. Ein warmer, schöner Sommerabend nach einer Spielzeit mit denkbar schlechten Wetterverhältnissen. Der Regieassistent in der Einführungsveranstaltung berichtete von Sturm, Gewitter, Dauerregen und Nieselregen. Und so konnte diese Derniere nur gelingen. Die Geschichte hinter der Madama Butterfly ist ein Drama aus dem Aufeinandertreffen der US-amerikanischen und der japanischen Kultur, das Puccini inspiriert hat. Und da seine Opern immer dann besonders erfolgreich waren, wenn die weibliche Hauptperson am Ende stirbt, hat die japanische Art der rituellen Selbsttötung, der Harakiri, zusätzliche Anziehungskraft für seine künstlerische Gestaltung ausgeübt.

Über die schwäbische Alb an den Neckar

Start in Lindau Reutin

Den Rückweg über die Schwäbische Alb zum Neckar und am Neckar entlang fuhren wir zu zweit. Patricia begleitete mich. Zurück nach Friedrichshafen auf flacher Strecke um dann langsam hinauf zu fahren bis auf eine Höhe von über 800 Metern. Gut ausgebaute Radwege und gute Ausschilderung. Glühende Hitze. Perfektes Hochsommerfeeling. Zwar konnten wir bei diesen Bedingungen unser Tagesziel Camping Krauchenwies nicht erreichen. Die Rezeption des Platzes war nur bis 18 Uhr geöffnet. Dafür lernten wir den sehr schönen Campingplatz in Illmensee kennen. Schwimmen im See war die Belohnung für den anstrengenden Tag.

Die Fahrt über die schwäbische Alb verlangt dem Radler oder der Radlerin einiges ab. Die Steigungen haben es in sich. Dementsprechend waren nicht viele Radfahrer unterwegs. Es ist eine landschaftlich schöne Strecke mit sehr gut ausgeschilderten, breiten, neuen, gut asphaltierten Wegen. Und stolz kamen wir am zweiten Tag beim Campingplatz Sonnenbühl an, der auf einer Höhe von 780 m liegt.

Die Fahrt von Nürtingen nach Bad Cannstatt am Neckar entlang war zwar flach, aber streckenweise enttäuschend. Nach den beiden ruhigen Tagen über die schwäbische Alb fielen mir besonders die vielen Industriebetriebe auf. Von Nürtingen führt der Weg durch die Industrieregion südlich von Stuttgart mit vielen großen Industriebetrieben der Automobilindustrie und des Maschinenbaus. Noch eine Nacht verbrachten wir unter dem Getöse der umliegenden Schnellstraßen auf dem Campingplatz in Bad Cannstatt. Er liegt direkt neben dem Cannstatter Wasen. Hier übernachten nicht nur Urlauber, sondern auch Arbeiter, die schon im August anfangen den Festplatz aufzubauen. Der Platz hat eine gute Infrastruktur mit Kiosk, Restaurant, Sitzgelegenheiten für Gäste auf der Zeltwiese und nette Betreiber.

Nördlich von Stuttgart verliert sich die Industrie langsam. Die Landschaft ist zunehmend vom Weinbau geprägt. An diesem Tag zog sich der Himmel langsam zu. Die ersten Regentropfen erreichten uns in Heilbronn, wo wir unsere Tour abbrachen und mit dem Zug heim fuhren.

Im Regen mit dem Zug zurück
Strecken auf KomootKMHM
Basel – Camping Hochrhein71 km330 hm
Camping Hochrhein – Gaienkirchen69 km500 hm
Gaienhofen – Lindau43 km150 hm
Lindau – Camping Illmensee63 km450 hm
Camping Illmensee – Sonnenbühl71 km720 hm
Sonnenbühl – Bad Cannstatt78 km410 hm
Bad Cannstatt – Heilbronn77 km240 hm

2 Kommentare zu „Hochrhein – Bodensee – Schwäbische Alb – Neckar

    1. Vielen Dank für den Link. Eine interessante Geschichte. Als Russin konnte sie sich genug Zeit lassen. Und mutig finde ich es, allein mit Zelt im Osten unterwegs zu sein, wo man Tigern und Bären begegnen kann.

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