Montenegro – Juwel an der Adria

Bei strahlendem Sonnenschein verlassen wir Albanien. Der Blick auf die schneebedeckten Berge ist frei. Der Regen der Vortage hat der Natur gut getan. Wiesen sind mit gelben Blumen überdeckt. Manch ein Baum fängt an, zu blühen.

In Montenegro sieht die Straße aus wie in Deutschland. Seitenstreifen fehlt leider auch. Eine kleine Steigung am See und dann ins Flachland. Starker Gegenwind auf den letzten 15 Kilometern. Auch in Podogrica sieht die Verkehrsinfrastruktur deutsch aus. Bürgersteige, eingezeichnete Parkplätze. Gelbe Schilder für Überlandstraßen, Nummernschilder nach deutscher Systematik Tatsächlich hat Deutschland bei Montenegros Heranführung an die EU eine tragende Rolle gespielt. Die Infrastruktur wurde mit deutscher Hilfe aufgebaut. Nicht nur finanziell, wie man im Ergebnis sehen kann. Auch sieht man in Montenegro nur ordentliche elektrische Freileitung.

Podogrica, die Hauptstadt von Montenegro, ist eine moderne Stadt mit schön angelegten Parks und einer renovierten Burganlage am Ufer des Flusses Morača, der am Berg Kapa entspringt und in den Skodarsko See mündet. Er führt viel grünes Wasser, das schnell mit vielen Strudeln durch die Stadt rauscht. Es wird schon dunkel, während ich noch schnell ein paar Eindrücke aus Podogrica auf meinem Spaziergang mitnehmen möchte. Die Dame an der Rezeption empfiehlt die Milleniumsbrücke, die Parks und die Burganlage anzuschauen.

Eigentlich würde ich mir auch gerne noch Podogrica anschauen. Das Wetter verlangt, dass wir weiterfahren. Wir wollen in zwei Tagen in Dubrovnik sein, um den angekündigten Sturm- und Regentag für Sight-Seeing nutzen. Ich starte mit einer Fahrt über die Milleniumbrücke. Die gesamte Stadt ist weitgehend intakt mit Häusern, in denen ich mir vorstellen kann, zu wohnen. Nur wenige Häuser sind noch nicht renoviert. Der Straßenverkehr ist auch anders als in Albanien, eher deutsch. Die Autos fahren schnell und hektisch und hupen, wenn man als Radfahrer vermeintlich etwas falsch macht. Die Straße hoch nach Cetinje ist auch typisch deutsch. Meist dreispurig. Der Bergauf-Verkehr hat zwei Spuren. Dadurch wird sehr schnell gefahren. Zweimal kommt ein LKW gefährlich nah, so dass ich fast ins Straucheln komme. Die Steigung hat meist zwischen fünf und acht Prozent. Anstrengend, aber fahrbar. Einige Male geht es wieder bergab. Gut zum Ausruhen, aber dadurch gehen immer wieder ein paar Höhenmeter verloren. Die Aussicht auf die schneebedeckten Berge ist toll. Leider liegen sie hinter mir. Eine Zeitlang hat man südwestlich den Skodarsko See im Blick. Zum Glück kommt eine Stelle zum Anhalten und fotografieren. Vor Cetinje biegt die Straße nach Budvar ab. Der Verkehr nimmt deutlich ab. Auch Cetinje wäre eine Erkundung wert. Die Stadt liegt auf 690 m. Sie war bis 1918 Hauptstadt von Montenegro und ist heute noch Amtssitz des Präsidenten. Mehr als eine kurze Einkehr in einem kleinen Restaurant mit lokalen Spezialitäten geht nicht auf so einer Bergetappe. Es ist schon spät. Um 18 Uhr wird es um diese Jahreszeit dunkel. Hinter Cetinje geht es auf Serpentinen noch weiter aufwärts bis zu einem Tunnel, in dem 1051 m erreicht werden. Auf der Abfahrt zum Meer ist es schon kühl. Über mehrere km verläuft die Strecke noch über ein Hochplateau auf der Höhe von ca. 950 m. Es gibt sogar ein paar kleine Steigungen. Überwältigt vom Ausblick auf Felsen, Wasser und Sonne bleibe ich stehen und versuche ihn fotografisch einzufangen. Das gelingt wegen der untergehenden Sonne nur schlecht. Dann geht es in mehr als 20 Serpentinen den ziemlich steil abfallenden Fels hinunter. Mal von der Sonne geblendet, mal auf das Kotor umgebende Wasser, das von einer versunkenen Flussmündung her rührt, blickend. Völlig ahnungslos fahre ich in die Mauern des mittelalterlichen Städtchens in venezianischem Stil, in dem unser Hotel ist. Die Überraschung ist wieder mal perfekt. Stefan ist schon eine Weile da. Statt den Tunnel zu durchfahren, ist er noch über den Pass geradelt.

Kotor war im 15. Jahrhundert, bevor die Osmanen, die sie vertrieben unter venezianischer Herrschaft. Die Bucht von Kotro hieß damals Golfo di Venetia. Daher rührt die venezianische Architektur der Stadt. Die Osmanen bauten später die Verteidigungsanlagen weiter aus. Unser Hotel Marija liegt in der Altstadt und ist in Familienbesitz. Die Betreiberin schwärmt von Kotor und von Montenegro. Sie hat fünf Jahre im Ruhrgebiet gelebt und ist glücklich wieder in Kotor zu sein. Montenegro und insbesondere Kotor sei der beste Ort zum Leben. Ihre Tochter macht Videos über Montenegro und sie empfiehlt mir ein Video in der ARD Mediathek. Montenegro ist tatsächlich ein sehr empfehlenswertes Land.

Der Plan in zwei Tagen nach Dubrovnik zu fahren geht für mich nicht auf. So gut und spektakulär die Fahrt nach Kotor auch war, ich habe mich überanstrengt und kann mir nicht vorstellen am nächsten Tag nochmal eine Etappe mit 1000 hm zu fahren. Eine schwierige Situation. Ich kann Stefan überreden weiterzufahren. Er fährt also nach Dubrovnik, während ich nur die kurze Strecke nach Herceg Novi fahre und mir ein kleines Appartement zum Ausruhen nehme. Mir gefällt es auch ganz gut, mal nicht essen gehen zu müssen und beim Frühstück solange sitzen zu können, wie ich möchte. Von der Fähre bis nach Herceg Novi steigt die Straße langsam auf 70 m an. Die Orte sind zunehmend in die Steilküste gebaut. So auch Herceg Novi, das kaum Wege und Straßen, sondern Treppen hat. Bei der Anfahrt im Ort gibtes ein paar giftige Steigungen, die ich heraufschieben muss.

In der Stadt suche ich treppab, treppauf nach dem Museum. Ein privates Музеј Булгакова möchte 10 € Eintritt haben und auf einem Schild steht, man solle nicht mit Fremden reden. Was auch immer das bedeuten soll. Endlich finde ich das Local Museum Mirko Komnenović etwas außerhalb der historischen Stadt. Fotografieren nicht erlaubt. Die Geschichte endet 1945. Auf Geschichtstafeln wird in wenigen Sätzen geschildert, dass die Bucht von Kotro erst von Illyren besiedelt wurde, dann von Griechen, Venezianern, Osmanen und dem Königreich Österreich-Ungarn besetzt wurde. Seit 1920 zu Montenegro und zum jugoslawischen Staat gehörte. Keramik und Waffen aus untergegangenen Schiffen. Traditionelle Kleidungsstücke.
In Herceg Novi geht es immer noch mit einer Treppe weiter runter. Etliche Treppen führen zur Promenade. Und an der Promenade führt dann noch eine Treppe zur Badeplatform und eine letzte Treppe ins Wasser. Sandstrand habe ich nicht gesehen. Nur Kiesel. Es ist eine hübsche Promenade. Eine Weile sitze ich in der Eisdiele und schaue zu, wie Eltern in die eine Richtung gehen und mit ihren Schulkindern zurückkommen. Dann gehe ich ein Stück die Promenade entlang, entscheide mich, als es anfängt zu tröpfeln für die nächstliegende Treppe. Sie führt hinauf auf ein verwildertes Grundstück. Schon glaube ich, dass es nicht weiter geht. Nochmal denke ich, umkehren zu müssen und doch geht es weiter bis ich wieder in der Innenstadt bin. Zum Glück steht eine Tür offen, sonst hätte ich wieder ganz hinunter gemusst. . In der Stadt sehe ich Touristengruppen, die verschiedene Sprachen sprechen. Französisch, holländisch, englisch meine ich zu hören. Mir fallen die vielen ukrainischen und russischen Autos auf. An einem russischen Auto das Schild ‚Russian against war‘.

Bucht von Kotor von Herceg Novi aus
Herceg Novi mit Burg
Shkodar – Podogrica 59 km290 hm
Podogrica – Kotor77 km1340 hm
Kotor – Herceg Novi28 km 150 hm
Gefahrene Strecken auf Komoot

2 Kommentare zu „Montenegro – Juwel an der Adria

Hinterlasse einen Kommentar