Albanien – von Vlora nach Elbasan

Am Morgen beim Frühstück regnet es. Vom Fenster im Frühstücksraum aus sehen wir den Reiseradler vom Llogara-Pass im Regen vorbeifahren. Auch in Albanien fahren wir getrennt, damit jeder sein Tempo fahren kann. Es ist unproblematisch. Der Regen hört auf, die Straßen trocknen schnell. Ich fahre mit Regenhose und Überschuhen los. An einem Kreisel ziehe ich beides wieder aus, denn es ist mild und danach geht es hoch. Die Straße ist über zehn Kilometer im Bau, in der Mitte aufgefräst, an den Seiten Schotter. Das Fahren erfordert meine Konzentration. Dann kommt die Erlösung in Form von frischem Asphalt. Bald ist sicher auch dieses Schotterstück asphaltiert. In Fier brauche ich eine Pause, obwohl eine schwarze Regenwolke mich verfolgt. Im Café bekomme ich nichts zu essen, bloss einen frisch gepressten Orangensaft. In Albanien gibt es in den meisten Cafès nichts zu essen. Die Cafès sind voll besetzt. Auf den Tischen steht meist Espresso und ein Wasserglas. Es könnte auch Raki sein. Die Regenwolke, vor der ich die ganze Zeit weggefahren bin, holt mich ein. Regensachen an. Starkregen. Dann auch noch den Umhang drüber. So bleibe ich drunter trocken. Ich muss auf die Autobahn. Hier zur Schnellstraße degradiert. 25 km fahre ich schnell auf der Autobahn. In Albanien gibt es Abschnitte, die nur auf der Autobahn zurückgelegt werden können. Es ist erlaubt, auf der Autobahn zu fahren. Tatsächlich sehe ich sogar einen Radfahrer, der in Gegenrichtung fährt. Trotzdem bleibt es gefährlich. An der Seite hat sich streckenweise der Asphalt hochgeschoben, so dass das Radeln dort nicht möglich ist. Zum Glück sind die Autofahrer auf Radfahrer eingestellt und fahren mit wenigen Ausnahmen mit großem Abstand vorbei. Am Ende bin ich sogar aus der Wolke rausgefahren. In Lushnje ist es noch trocken. Das ändert sich bald und ich freue mich über das schöne Zimmer mit gemütlichem Bett. Sogar die Bettdecke ist nach deutscher Art eingezogen. Vor dem Balkon eine Solaranlage. Leider gibt es ein nerviges Geräusch, das auch nachts nicht aufhört.

Am Sonntagvormittag ist die Innenstadt von Lushnje belebt. Menschen sitzen in den Cafés, es gibt Marktstände, Autos fahren auf und ab. Fahrradfahren in den Innenstädten ist nicht ungefährlich. Viele Autos parken in der zweiten Reihe und fahren plötzlich ohne zu blinken los. Türen werden ohne Rücksicht geöffnet. In den Innenstädten gibt es an den Hauptverkehrsstraßen oft Radwege, die ich möglichst benutze, um dem Chaos auf der Straße zu entfliehen. Aber auch hier gibt es Hindernisse. Nicht ausreichend abgesenkte Bordsteine, Müllcontainer, Absperrhütchen, parkende Autos oder Grüppchen ins Gespräch vertieft machen ein Ausweichen auf die Straße notwendig. An diesem Tag führt der Weg durchs Hinterland. Sorgfältig muss ich die Strecke planen. Nur Straßen, die auf Komoot gelb ausgewiesen sind können berücksichtigt werden. Alle anderen erweisen sich als Wundertüte. Sie sind oft nicht asphaltiert oder haben etliche Schlaglöcher. Aber auch eine „gelbe“ Straße kann als Feldweg enden. So passiert es auf dem Weg von Lushnje nach Elbasan. Fünf Kilometer mal Pfützen und Schotter umfahrend, teils schiebend müssen überbrückt werden. Der größte Teil der Strecke ist landschaftlich sehr schön und gut zu befahren. Es geht auf und ab, den Blick frei auf die hügelige Landschaft. Auf den Häusern sind Wasserbehälter. Eine Frau in einem Café bestätigt, dass es sich um Wasserbehälter für die Dusche handelt. Das Wasser wird hinaufgepumpt. Der Strom für die Pumpe kommt aus kleinen Solaranlagen. Und es dämmert mir, dass in dem Hotel die ganze Nacht die Pumpe in Betrieb war.

Wieder komme ich in einen heftigen Schauer. Eine Weile stelle ich mich an einem kleinen Lebensmittelgeschäft unter, ziehe die Regensachen an und fahre weiter. Vor Elbasan sind die Straßen wieder trocken. Ein Rennradfahrer überholt mich. Der erste, den ich in Albanien sehe. In Elbasan ist auch am Sonntagnachmittag reges Treiben. Die kleinen Geschäfte, die sich an den Straßen entlang ziehen, sind geöffnet. Menschen flanieren auf den Straßen. Hunde rennen dazwischen hin und her. Zweimal laufen mir Hunde bellend und knurrend hinterher. Die Stadt hat sich den hundert Städten der EU angeschlossen, die Smart City Projekte aufgelegt haben. Elbasan hat in diesem Zusammenhang ein Transparenzprojekt aufgelegt. In der Innenstadt gibt es eine gepflasterte Vorzeigestraße mit Radweg und Flanierzone. In der Mitte ein Riesenrad, auf der einen Seite eine moderne Moschee, aus der Frauen ohne Kopftuch kommen. In Albanien müssen Frauen in den Moscheen kein Kopftuch tragen. Auf der anderen Seite die alte Stadtmauer mit Burgturm und Glockenturm. In den Grenzen der alten Stadtmauern ein gemischtes Viertel mit historischer Moschee, alten Häusern, modernen Neubauten, alten gepflasterten und unbefestigten Gassen. Die elektrische Freileitung ist angsteinflößend. Zahlreiche Kabel laufen von allen Seiten auf die Freileitungsmaste zu.
Wir gehen in ein Lokal, das traditionelle albanische Speisen zu touristischen Preisen anbietet – Taverna Kala. Der Gastraum scheint aus Flohmärkten bestückt. Vollgestopft mit Trödel. Auf die Frage, welchen Bezug die Sachen zu Elbasan haben, kommt die Antwort, dass das Lokal in vierter Generation betrieben wird. Mit Reis gefüllte pikante Paprika, überbackener Schafskäse, mit Spinat gefüllter Blätterteig schmecken gut, aber es ist viel zu viel. Sinnvoller wäre zwei Gerichte zu bestellen und sie zu teilen.

Elbasan Boulevardi Qemal Stafa
Die älteste Moschee von Elbasan
Taverna Kala
Vlora – Lushnje 63 km270 hm
Lushnje – Elbasan 52 km590 hm

Hinterlasse einen Kommentar