Start in Venedig

Bei hervorragenden Wetteraussichten für Venedig buche ich von Ramsau am Dachstein aus den Zug nach Venedig. Am nächsten Tag ist alles anders. Schnee und vor allem die Kälte sollen bis an die Adria ziehen. Während in Ramsau meterhoch Schnee fällt, plane ich meine Abreise, statt den Skiurlaub ein paar Tage zu verlängern.

Genug schnee in Ramsau
Kleine Radausfahrt an der Ache im Chiemgau, , wo ich zwischen Ramsau und Venedig zwei Tage Bekannte besucht habe

Der Zug nach Venedig kommt pünktlich in Rosenheim an. Keine Wagenstandsreihung zu finden. Also frage ich den Schaffner nach Wagen 262, in dem ich meinen Radplatz habe. Er fehlt heute. Die österreichischen Züge haben fast in jedem Wagen Fahrradstellplätze. Als einziges Fahrrad im Zug kann ich irgendwo einsteigen. Aber alles ist vollgestellt. Der Schaffner kümmert sich und räumt den Fahrradplatz frei. Dann kann ich meinen Sitzplatz beziehen, nachdem ich jemanden dort vertreiben musste. Der Zug ist brechend voll. Ab Innsbruck leert er sich langsam. Die Fahrt über die schneebedeckten Alpen ist schön. Hier hat es weniger geschneit, als in den Ostalpen. Erst kurz vor Verona werden die Berge niedriger. Und dann wird es schon langsam dunkel. In der zunehmenden Dämmerung fährt der Zug nach Venedig. Schon vor Padua gehen die Lichter in meinem Waggon aus. In Venedig Mestre ist es dann dunkel. Bahnhof und Stadt sind wuselig belebt, die Aufzüge am Bahnhof zu klein für Farräder. Schon beim Ausstieg aus dem Zug wirft ein junger Mann nicht nur begehrliche Blicke auf meine Radtaschen, er bückt sich schon. Ich drehe mich rechtzeitig um und der Schaffner steht auch da. Eigentlich kein Problem, Rad und Taschen getrennt die Stufen runter und rauf zu tragen. So wenig Gepäck hatte ich noch nie. Eine unbekannte Angst, dass mein Fahrrad oder das Gepäck wegkommen, ist plötzlich da. Am Ausgang hält mir ein freundlicher, schwarzer, junger Mann das Rad beim Beladen. Ohne Fahrradständer ist alles etwas schwieriger und ich muss die Handgriffe noch automatisieren. Danach bin ich wieder versöhnt mit meiner Umwelt.

Es ist kalt in Venedig. Sehr kalt. Nachts sinken die Temperaturen auf unter 0°C. Trotzdem stehen Tische und Stühle draußen. Es sei ungewöhnlich, erzählt mir der Portier vom Hotel Centrale. Das Hotel liegt direkt neben der Bushaltestelle nach Venedig, hat ein gutes Frühstück und sehr freundliches Personal. Die Kälte käme nicht aus den Alpen, sondern aus Russland. Schnell fällt der Satz: „Alles Schlechte kommt aus Russland.“ Noch vor neun liege ich mit Socken, die große Wolldecke doppelt genommen, im Bett und schlafe.

Noch nie war ich in Venedig, aber erst muss ich mich um mein Rad kümmern. Die Bremsscheibe quietscht. In Venezia Mestre fühle ich mich gut aufgehoben. Es gibt genug Fahrradläden. Der nächst liegende Radladen hat geschlossen. Im zweiten Laden habe ich Erfolg. Sprachlich klappt die Verständigung zwar nicht, aber der Chef von Samuel Bike versteht das Problem. Ein paar Schrauben an der Bremse gedreht und fertig. Zufrieden fahre ich zum Hotel zurück. Die Radwege im Zentrum von Venezia Mestre sind gewöhnungsbedürftig. Manchmal enden sie unvermittelt. Hinweisschilde sehe ich dort auch nicht. Darüber hinaus gibt es etliche Fahrradstraßen, die mit Wegweisern bestückt sind.
Mit dem Bus fahre ich nach Venedig. Das Busticket kostet 1,50 €. Das Tagesticket für Schiff und Bus 25 €. Es klingt teuer, aber lohnt sich, wenn man mehrere Schiffsfahrten unternehmen möchte. Eine Schiffsticket kostet 9,50€. Vom Busbahnhof aus laufe ich durch Venedig. Trotz kühlem Februartag sind viele Touristen in der Stadt. Anfangs verlasse ich die Touristenwege, die am Canale Grande entlang zum Markusplatz verlaufen. An den Kanälen abseits des Touristenstroms sind nur wenige Menschen unterwegs. Die Häuser sehen teils verlassen aus. 50.000 Menschen würden noch in Venedig leben, früher seien es 200.000 gewesen erzählte der Portier am Morgen. Nicht nur die Preise würden die Menschen vertreiben. Ich frage mich, ob ich in solch einer Stadt leben wollte. Venedig ist erstaunlich groß. Ich verlaufe mich sogar. Und unpraktisch ist diese Stadt. Ich helfe einer Frau mit zwei schweren Koffern über eine Brücke. Alle Brücken haben Treppen. Kinderwagen und Lasten müssen die Treppenstufen hoch gewuchtet werden. Die meisten Häuser, auch die besseren, sind mit schwarzen Flecken vom Wasser und der Feuchtigkeit gezeichnet. Es gibt so gut wie keine Grünflächen, nur die Mauern, Steinwege und Kais. Hin und wieder sieht man einen Dachgarten aus Holz auf den Häusern. Mit dem Fahrrad kommt man natürlich auch nicht weiter.

Blick auf die Rialtobrücke

Auf dem Touristenweg durch die Stadt scheinen sämtliche italienische Kunsthandwerke vertreten zu sein. Glas, Leder, Kleidung, Masken. Der Markusplatz mit seinen historischen Gebäuden und die Promenade davor ist fulminant. Auch eine bebaute Brücke über den Canale Grande, die Rialtobrücke, und das gesamte Panorama auf der Rückfahrt den Kanal entlang beeindrucken. Obwohl erst Februar, drängen sich die Besuchergruppen für Fotos. Es ist eine eindrucksvolle historische Kulisse, ein Zeugnis der venezianischen Republik. Der Besuch im Dogenpalast, bzw. in dem Teil, der geöffnet ist, enttäuscht mich. Sitzungssäle venezianischer Regierungs- und Rechtsorgane, Waffen, die Gefängnisse schaue ich schon nicht mehr an. Dafür ist es viel zu teuer. Der reguläre Eintritt koster 30 €. Auch die Hälfte ist noch zu viel. Zu dieser Jahreszeit werden viele Renovierungsarbeiten gemacht und nicht alle Ausstellungen auf dem Markusplatz, im Museum in anderen Teilen der Stadt sind geöffnet. Die Absperrbänder für die Warteschlangen vermitteln einen Eindruck, was hier in der Saison los ist. Einige Bänke an der Promenade leuchten in neuem Rot. Der Geruch frischer Farbe liegt noch in der Luft.


Ein Tag Venedig ist zu wenig. Jetzt habe ich die Stadt zwar gesehen, fahre jedoch mit mehr Fragen als Antworten weiter.

Für die Saison bereit

2 Kommentare zu „Start in Venedig

  1. Hut ab Sabine, du bist bei der Kälte doch los 👍👍😉😉 Ganz Interessant was du über Venedig schreibst, wir waren auch noch nicht dort. Wir wünschen dir eine gute Radreise und sind schon auf die nächsten Abenteuer gespannt.

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  2. Hut ab Sabine, du bist bei der Kälte doch los 👍👍😉😉 Ganz Interessant was du über Venedig schreibst, wir waren auch noch nicht dort. Wir wünschen dir eine gute Radreise und sind schon auf die nächsten Abenteuer gespannt.

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