Donaudelta – ein lohnendes Ziel

Murighiol

Mit einem Mal, als hätte jemand einen Schalter betätigt, startet bei Einbruch der Dunkelheit das nächtliche Konzert der Tiere. Millionen von Fröschen quaken mit aller Kraft. Es quakt und klappert als ob die Störche ihren Jungen Klappern beibringen würden. Auf das merkwürdige Lachen folgt ein lautes Jaulen. Das sind die Schakale. Hunde bellen dazu. In der ersten Nacht auf dem Campingplatz am Lacul Murighiol schlafe ich kaum. Das Konzert aus Fröschen, Vögeln, Hunden, Schakalen ist zu laut. Es ist ein einzigartiges Erlebnis für mich. Der Betreiber des Campingplatz, der erst etwas reserviert war, fängt an zu strahlen, als ich meine Bewunderung für dieses nächtliche Konzert zum Ausdruck bringe. Er sagt stolz, dass es sogar Schakale gibt und stimmt zu, dass das Delta wie ein Dschungel ist.

Das Donaudelta hat eine Ausdehnung von 5800 qkm. Es „.. ist eine exotische Landschaft, in der man über 1830 Pflanzenarten, 2440 Insektenarten, 90 Weichtierarten, 11 Reptilienarten, 10 Amphibienarten, 320 Vogelarten und rund 50 Säugetierarten beobachten kann, von denen viele einzigartig sind und unter Naturschutz stehen.“


Unser Ziel ist, eine Kanutour im Delta zu machen. Josine erkundigt sich nach Kanutouren. Leider braucht man dazu 10 Personen. Sonst kostet es 140 € pro Person. Wir fragen ein junges deutsches Paar aus dem Vogtland, ob sie mitkommen möchten. Sie sind mit dem Wohnmobil unterwegs. Doch sie haben andere Pläne. Aber wir verabreden uns, abends gemeinsam zu grillen. Es wird ein netter Abend. Auffällig viele Urlauber aus Ostdeutschland trifft man am Schwarzen Meer. Sie haben weniger Berührungsängste als die Westdeutschen, weil sie zur Zeit der DDR normal war in die osteuropäischen Länder zu reisen. Nachmittags versuchen wir es im Ruderboot. Doch wir kommen nur schwer gegen die Schlingpflanzen an. Frösche so groß und so viele, wie ich noch nie gesehen habe. Wasserschlangen. Auch wilde Schildkröten gibt es hier. Eine hat sich in die Damentoilette verirrt. Abends versuche ich den Moment, an dem das Konzert beginnt, mit einem Video einzufangen. Doch heute ist es anders, leiser. Dafür habe ich eine bessere Nacht.

Um 6 Uhr wache ich auf. 10 Minuten zu spät, um mit ins Donaudelta zu fahren. Ich bin enttäuscht. Josine sagt, dass es zwar schön, aber zu laut war. Motor und die sich unterhaltenden Passagiere hätten die Vögel vertrieben.

Tulcea


Wir starten Richtung Tulcea. Die Strecke habe ich unterschätzt. Es ist sehr anstrengend. Immer wieder gibt es kleine sehr steile Anstiege. Nach Auskunft des Campingplatzbetreibers hält das Schiff nach Sfantu Gheorghe derzeit nicht in Mahmudia. Wir fahren trotzdem hinunter in den Ort. Dort finden wir niemanden, der uns sagen könnte, ob und wo das Schiff anlegt. Im Internet steht nur: vorübergehend geschlossen. So müssen wir die 45 Höhenmeter die wir schon gewonnen hatten noch einmal erklimmen. Bis Tulcea sind es nur 40 km, aber 450 Höhenmeter. Am Ende sind wir froh anzukommen. Der Campingplatz sieht aus wie ein großer Parkplatz. In der Ecke gibt es einen überdachten Bereich mit sanitären Anlagen Sitzplatz, Kühlschrank und Küche. Dahinter können wir unsere Zelte so aufbauen, dass wir morgens Schatten haben. Der Betreiber erzählt von Rumänien. Er wollte in Murighiol einen Campingplatz aufmachen. Jedoch wollte niemand von den Einheimischen für ihn arbeiten, selbst wenn er den Lohn verdoppelt hätte. Sie hätten Angst vor auswärtiger Konkurrenz und wollten unter sich bleiben. Er ist ein Unternehmertyp und freut sich, dass durch den Austausch mit anderen europäischen Ländern, eine Idee von Freiheit nach Rumänien gekommen sei. Die Rumänen, die in westeuropäischen Ländern arbeiteten, brächten diese Ideen mit und so würde sich das Land verändern. Viele seiner Freunde hätten einen anderen Blick auf die Situation. Sie kämen nicht so gut mit dem heutigen Rumänien klar. Auch der Betreiber des Lokals, in dem wir abends essen, erzählt über seine Geschäfte. Innen hat das Lokal etwas Gemütliches, Norddeutsches, was in mir die Frage aufwirft, ob es im Donaudelta harte Winter gibt. Ja, sagt er. 2017 wäre die Donau sogar gefroren gewesen. Er beklagt ebenfalls, dass er keine Arbeitskräfte findet. Er vermittelt Fahrer nach Deutschland. Für 50 € am Tag wollten sie nicht arbeiten. In Deutschland bekämen sie das Doppelte. Da haben die Fahrer wohl recht, denke ich bei mir. Bei einem Mindestlohn von 12 € die Stunde kommt man auf fast 100 €. Auf der Donaupromenade in Tulcea ist am Freitagabend lebhaftes Treiben, obwohl sie im Umbau ist. Die Donau trennt sich an dieser Stelle in zwei Arme und ist recht breit. Ein schöner Blick auf ein breites Gewässer. Hafenanlagen im Hintergrund. Mit etwas Fantasie kann man sich vorstellen, dass die Promenadenanlage sehr schön sein wird, wenn sie fertig ist. Von hier aus kann man mit der Fähre zwei der drei Arme befahren. Nach Sfantu Gheorghe in die eine Richtung, nach Sulina in die andere Richtung. Der dritte Deltaarm, der Bratul Chilia zweigt schon vor Tulcea ab und fliesst weiter als Grenzfluss zwischen Rumänien und der Ukraine. Über allem leuchtet abends in rumänischen Staatsfarben der Tulcea Schriftzug. Doch dass gelb ist so blass und weisslich, dass es russische Farben sein könnten. Bei der antirussischen Stimmung in Rumänien eigentlich nicht denkbar.

Nach einem ruhigen Morgen auf dem Campingplatz fahren wir zum Fähranleger. George, der Platzbetreiber verabschiedet uns herzlich. Es sind nur wenige Passagiere auf der Fähre. Sie fährt mittags um 13:30 von Tulcea und ist um 16 Uhr in Sfantu Gheorghe. Auf der Fähre komme ich mit einem Deutschen ins Gespräch. Er ist mit seiner rumänischen Lebensgefährtin unterwegs. Sie besuchen ihre Tochter, die zu ihrem Freund nach Sfantu Gheorghe gezogen ist. Die Tochter hätte erzählt, dass man dort die Raketeneinschläge in Odessa hören würde. Sie sind am Vortag in Tulcea angekommen. Von Berlin mit dem Flugzeug nach Bukarest. Dann weiter mit dem Bus. Für ihn war es eine Tortur. Vor zwei Jahren waren sie im September hier. Da war es abends schon kühl. Jetzt ist er erstaunt und erfreut über das Leben im Delta im Juni. Das Wasser steht im Frühjahr höher. Im Laufe des Sommers sinkt mit dem Rückgang der Niederschläge der Wasserpegel. Von der Fähre aus siehen wir Rumänen, die am Bratul Sfantu Gheorghe zum Wochenende zelten, angeln oder feiern.

Sfantu Gheorge


Die Fähre hält doch in Mahmudia. Wir hätten uns die Quälerei nach Tulcea sparen können. Aber dann hätten wir George nicht kennengelernt.

Die Anlage, auf der man in Sfantu Gheorghe campen kann, heißt Green Dolphin. Man kann zelten oder eine Hütte mieten. Ich entscheide mich fürs Zelt, weil ich dann näher an den Toiletten bin. Zelt aufgebaut und zum Strand gegangen. Ich gehe tatsächlich ins Meer. Das Wasser ist angenehm, aber es hat eine starke Unterströmung nach draußen. So schwimme ich nicht, sondern sehe zu, Boden unter den Füßen zu behalten. Ein Mann von der Fähre spricht uns an. Er wohnt in der Nähe von Bukarest, ist mit Kind und Frau für 3 Tage hier. Es sei ein Paradies, sagt er und dass besser nicht so viele Touristen hierherkommen sollten. Der Tourismus wäre eine Gefahr fürs Delta. Das sagte auch der Deutsche auf der Fähre. Sfantu Gheorghe ist ein ganz kleiner Ort. Es gibt keine gepflasterten Straßen, nur Sandwege. Am Strand gibt es während der Saison drei Bars. Im Ort drei Restaurants und etliche Privatzimmer.

Wir essen an der Bar im Camp. Plastikbecher und Einweggeschirr. Ist das Green? Die Mücken treiben mich ins Zelt. In der Disco gibt es eine geschlossene Veranstaltung. Nachts um halb 12 wache ich von der Musik auf, die mit ihren lauten Bässen bis nachts um 3 dröhnt. Hunde bellen, lautes Muhen von Kühen und das IA eines Esels. Dazu als Begleitmusik das Quaken der Frösche halten mich wach.

Irgendwann war ich doch eingeschlafen. Ein böses lautes Muhen direkt neben dem Zelt lässt mich hochschrecken. Das Gefühl, dass mein Zelt mitten in einer Kuhherde steht, täuscht mich nicht. Ein ausgewachsener Stier mit Hörnern ein paar Meter entfernt. Die ganze Anlage ist voller Bullen. Sie grasen an den Grünpflanzen der Anlage und scharren wütend mit ihren Hufen im Sand. Erstmal verlasse ich mein Zelt und beobachte das Treiben aus einiger Entfernung. Die Herde zieht an meinem Zelt vorbei. Dann hole ich meine Frühstückstasche, setze mich auf die Holzterrasse an der Bar, in der Hoffnung, dass die Kühe dort nicht hingehen. Während ich mir Kaffee koche und frühstücke, ziehen die Kühe durch die Anlage. Das ankommende Personal sichtbar unbeeindruckt. Als die Kühe auf die Tür zulaufen, öffnet ein Mitarbeiter die Tür und treibt sie heraus. In der Rezeption möchte ich einen Upgrade auf ein Haus. Ein Haus kann ich bekommen, aber den Zeltplatz muss ich trotzdem bezahlen.

Ich würde gerne die verpasste fahrt ins Delta nachholen. In einem Restaurant frage ich nach. Heute gäbe es kaum Angebote, da Abreisetag ist. Ein anwesender Anbieter würde mich alleine für 75 € fahren. Das ist mir zu teuer. Auch die 50 € noch, die dann angeboten werden. Vor dem Restaurant wartet ein junges Paar aus dem Camp. Ich hatte die Frau morgens unter der Dusche getroffen. Ich frage sie, ob sie eine Deltaexcursion gebucht haben und ob ich mitkommen kann. Sie nehmen mich mit. In einem abenteuerlichen kleinen alten Boot fahren wir los.Der Fahrer kommt aus dem Ort und ist schon älter. Wir fahren auf den türkischen Kanal. Früher wären die Seefahrer bei schwerer See in den Kanal geflüchtet. Griechen, Türken, Bulgaren haben hier geangelt. Griechen wollten Delfine. Dafür haben sie Zitrusfrüchte gegeben. Die Türken hätten im 18. Jahrhundert einen Hafen in Sfantu Gheorghe anlegen wollen. Sie hätten es auf die Hafengebühren abgesehen gehabt. Die lokale Bevölkerung hätte sich bei der Regierung beschwert, die dann die Türken vertrieben hätten. So ist die Donau ohne großen Seehafen geblieben und das Delta wurde erhalten. Nach der „Revolution“ 1989 brach die Industrie zusammen. Vorher wurde Schilf gesammelt, industriell verarbeitet, zum Essen oder für die Dächer zu verwenden. Die Industrie brach kurz nach der „Revolution“ zusammen. Nachher wurde das Schilf in die westeuropäischen Staaten exportiert.

Wir fahren über einen See, der nur 1,2 m tief ist. Hier leben viele Vögel. Wenn wir mit dem lauten Boot näher kommen, fliegen sie weg. Mit Motorboot macht die Rundfahrt wenig Sinn. Man kann das Delta nicht hören. Abends beim essen im Restaurant der Anlage beobachte ich einen Vater, der seine Tochter auf dem Schoß hat und permanent an ihr herumgrapscht. Sie windet sich sichtlich. Er hat immer wieder seine Hände zwischen ihren Beinen. Eine Hand verdeckt die andere. Einmal stößt sie etwas zwischen ihren Beinen weg. Diese Art des Missbrauchs bekämpft man nicht mit Netzdurchsuchungsgesetzen, geht mir durch den Kopf. Aber wie geht man damit um? In Rumänien kann ich mich nicht verständigen und in Deutschland wüsste ich es auch nicht.

Von Sfantu Gheorghe nach Sulina

In der Nacht hat es geregnet und morgens ziehen die Rinder wieder durch das Camp. Sie kommen vermutlich jeden Morgen. Sicher hängt das nicht damit zusammen, dass die Gäste die Tür offen lassen. Ich bin froh, im Haus zu sein. Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen und machen uns auf den 30 km langen Weg nach Sulina, der an dem Sulina-Kanal entlangführt. Zum Glück ist es nicht so warm, sondern bedeckt und sogar ein bisschen regnerisch. Es gibt starken Gegenwind aus dem Norden. Die ersten 4 Kilometer müssen wir meist schieben, weil der Weg völlig versandet ist. Am Kanal vertiefen Bagger die Fahrrinne und werfen den Sand auf den Weg. An einem einsamen Hausboot bellt uns ein Hund entgegen, ein zweiter kommt vom Schiff gerannt. Ein Mann, der auf dem Schiff wohnt, ruft die Hunde zurück und kommt zu uns. Er spricht kein Englisch. Die Kommunikation ist schwierig. 25 km bis Sulina und dass es keine gute Idee ist, über diesen Weg zu fahren, verstehe ich. Er steht zu nah bei mir und fängt an, mich anzufassen. Ich kann seine sexuelle Gier spüren. Ich lache und möchte weiterfahren. Es ist mir unangenehm. Bloß weg. Dann will er zu Josine gehen. Sie fängt gleich an, zu schreien. No, No I don’t want this. Der Mann bleibt stehen und wir fahren weiter. Ich bin froh, in dieser Situation nicht alleine zu sein. Aufgrund des Sandes kann man sich nicht einfach aufs Rad setzen und losfahren. Unterwegs treffen wir freilaufende Kühe und Pferde. Erst sitzen sie auf den Dünen auf der anderen Seite des Kanals. Sichere Entfernung, denke ich. Aber dann stehen sie auch auf unserem Weg. Ich habe Respekt vor diesen Begegnungen, sage mir jedoch, dass die Angst übertrieben ist, dass wir die Tiere nicht interessieren, wenn wir langsam an ihnen vorbeigehen. Sie sind nicht aggressiv. Sie sind es gewohnt zwischen den Menschen zu leben. Nur eine Fohlenmutter schnaubt böse, nachdem ich stehen geblieben bin, um die Pferde zu fotografieren. Wir kommen nur ganz langsam voran. Nach dem Sand kommt die Gravelroad mit vielen dicken Steinen. Es fängt an zu regnen. Wir haben das Delta für uns, doch keinen Blick dafür. Frösche quaken. Vögel ziehen über das Delta. Seerosen schwimmen auf dem Kanal. Am Horizont sehen wir Frachtschiffe. Später erfahren wir, dass sie auf die Hafeneinfahrt nach Sulina und Tulcea warten, um Getreide aus der Ukraine abzuholen.

Sulina


Kurz vor Sulina gibt es einen kleinen Campingplatz. Wir stehen unschlüssig vor ihm. Da kommt der Besitzer hinaus und bietet uns einen Schnaps an. Ich möchte nicht im Zelt schlafen. Das Wetter gefällt mir nicht. Auch ist die Aussicht, morgens noch das Zelt abbauen zu müssen, wenn das Schiff um 7 Uhr abfährt, nicht sehr verlockend. Wir sind unschlüssig, gehen dann mit und schauen uns den Platz an. Der Besitzer spricht ein bisschen Deutsch. Seine Frau ist Ungarin. Sie zeigen uns den Platz. Eigentlich ist es nur ein Garten mit Nebengebäuden. Es gibt auch Zimmer. Das ist perfekt. So kann ich ein Zimmer nehmen und Josine baut ihr Zelt auf. Nur die Außendusche ist bei dem Wetter nicht so komfortabel.

Wir schauen uns die Promenade von Sulina an. Hier sind wir zurück in der Zivilisation. Gepflasterte Straßen und Autos. An der Promenade reihen sich Bars, Restaurants und Supermärkte aneinander. Ein Hafen mit Frachtschiffen. Dort liegt ein großes Frachtschiff, das unter der Flagge von Panama fährt. Es wartet darauf, nach Tulcea weiterfahren zu können, um Getreide aus der Ukraine zu laden. Die Schiffe stehen draußen auf dem Meer Schlange. In Sulina können sie nicht laden. Eine Weile sitzen wir an der Promenade und schauen uns an, wie das Schiff ablegt. In dieser Zeit läuft ein türkisches Schiff ein. Ich frage mich, wohin das Getreide gebracht wird. Die Frachtschiffe legen nur kurz an, um die Formalitäten erledigen – Hafengebühr und Zoll bezahlen und fahren dann weiter. Es ist an diesen Tagen eine ständiges Kommen und Gehen.

Neben dem Campingplatz ist ein ehemaliger Militärstützpunkt. Die Container, die gestern vorbeifuhren, wurden zu dem ehemaligen Militärstützpunkt gebracht, der nun wieder ausgebaut wird. Es sind Sanitätscontainer. Medizinische Einrichtungen sollen dort installiert werden.

Endlich können wir eine Kanutour machen. Auf dem Campingplatz können wir eins mieten.
Wir schieben das Kanu mit etwas Mühe zum Kanal und lassen es ins Wasser. Ein anderes Erlebnis als mit dem Motorboot. Wir können ganz nah am Schilf entlang fahren. Dort sehen wir Schildkröten, die ins Wasser flüchten, wenn wir zu nah kommen oder reden. Ein paar Stunden paddeln wir hin und her, machen eine Pause und gehen dann wieder zurück. Immer begleitet von dem Muh der Kühe, an die wir uns inzwischen gewöhnt haben. Die Kühe haben einen Eigentümer, aber da sie nirgends hin können, dürfen sie frei laufen. Die Pferde wurden frei gelassen, als sie nicht mehr gebraucht wurden, weil es Autos gab.

Sulina hat ein kleines Museum, das von einem Privatmann betrieben wird. Bald kann er mit seinem Museum in den alten Leuchtturm umziehen, der gerade renoviert wird. Die Donau spült jedes Jahr Sand. Der Leuchtturm, der mal an der Küste war, steht mitten im Ort. Auch der Friedhof, heute mehrere Hundert Meter vom Meer entfernt, war mal direkt an der Küste. In Sulina ist die europäische Kommission des Donaudeltas ansässig. Sie wurde im März 1856 von Frankreich, England, Österreich, Preussen, Russland, Sardinien und der Türkei gegründet. Zu diesem Zeitpunkt gab es Rumänien als Nationalstaat noch nicht. Später wurden weitere Länder in die Kommission aufgenommen. Ziel der europäischen Donaukommission war es, den freien Zugang aller Länder zur Donau zu gewährleisten. Es wurde entschieden den Bratul Sulina schiffbar auszubauen. Der Arm wurde ausgebaggert und befestigt. Häfen in Sulina und Tulcea erweitert. Mit diesen Arbeiten und der europäischen Donaukommission erlebte Sulina nicht nur eine wirtschaftliche Blüte, sondern auch eine kulturelle. Die an der Donaukommision beteiligten Staaten eröffneten Konsulate in Sulina. Sulina ist Teil der Dobrudja, das dritte Land neben der Walachei und Siebenbürgen im heutigen Rumänien, das den Kulturraum am Schwarzen Meer bildet. Die Dobrudja ist ein Landstrich der über die Jahrtausende von unterschiedlichen Reichen besetzt war. Thraker, Slaven, Osmanen, Griechen und Römer gaben sich die Klinke in die Hand. So bildet die Donaukommission die unterschiedlichen Interessen der Anrainerstaaten ab. Gleichzeitig ist dadurch ein multiethnischer Raum entstanden. In Sulina leben Verteter der verschiedensten Nationen und Ethnien, sowie Religionen friedlich miteinander.

Später koche ich Nudeln, genug um den gesamten Campingplatz zu versorgen. Wir sitzen noch lange mit einem Paar aus Arbad zusammen. Dabei wird viel Wein getrunken. Sie sprechen beide gut Englisch. Sie sind 10 Tage zum Fischen da. Sie kommen jedes Jahr. Er arbeitet in einem Naturschutzgebiet. Er sagt, dass die größte Gefahr für das Delta nicht der Tourismus, sondern das Ausbaggern der Fahrrinnen ist. Dadurch bleibt das Wasser in der Fahrrinne und fließt aus dem Delta ab, so dass es trocken liegt.

Hinterlasse einen Kommentar