Am Ziel in Krakau – und wie komme ich jetzt heim?

Tak, sagen die Polen. Oder Tak, Tak, Tak oder Tak – Tak, Tak, Tak. Hier wird das erste Tak etwas länger gesprochen. Schließlich hört es sich für mich an als würden auch die Vögel Tak, Tak, Tak rufen und nicht singen. Beim Einchecken in das Hotel in Krakau höre ich so ein Gespräch, in dem die Beteiligten sich wechselseitig mit Tak, Tak, Tak bestätigen. Wörtlich übersetzt heißt Tak ’so‘. Es wird aber auch als ok,ok,ok bzw. ja,ja,ja gebraucht.

Am Ende sind es von Skawina nur noch 23 Kilometer bis nach Krakau. Noch eine kleine Steigung und dann fahre ich gespannt an der Weichsel entlang, um den ersten Blick auf Krakau zu erhaschen. In meiner Fantasie hatte Krakau einen Hügel mit einer Burg obendrauf. Ich weiß gar nicht, wie ich darauf kam. Vermutlich eine Steigung am Ende der Route. Krakau ist flach. Das erste, was ich sehe ist die Burg über der Weichsel. Eine große Burg mit vielen unterschiedlichen Gebäudeteilen. Auf EIN Foto passt sie nicht. Es ist sommerlich heiß, die Stadt ist voller Touristen. Der Grüngürtel um die Innenstadt, die Plante, ist gut besucht. Mit ihren großen alten Bäumen bietet sie ein angenehmes Klima im Sommer. Ich frage Patricia via Whatsapp, was ich mir anschauen soll. Sie war letztes Jahr in Krakau. Die Kirchen und die Burg. Die Burg schaue ich mir gerne an. Sie ist groß. Baustile aus den letzten 1000 Jahren zeigen sich hier und in der Altstadt von Krakau. Hier haben die Krakauer während des letzten Überfalls der Mongolen im 13. Jahrhundert Schutz gefunden und die Mongolen mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen. Mal waren es die Mongolen, mal die Tartaren, wenn man in der Literatur nachschaut. Krakau wurde in den Kriegen nie zerstört. Mit den Kirchen ist es schon etwas schwieriger. Krakau hat mehr als 100 Kirchen. Eine schöner und prunkvoller als die andere. Nur kann ich mit katholischen Kirchen und den Symbolen nicht wirklich etwas anfangen. Zwei Kirchen schaffe ich. Die dritte, die ich sehen will, kostet Eintritt, obwohl mein Touristenführer gesagt hat, dass in allen Kirchen der Eintritt umsonst wäre. Mich beeindruckt das große Marktgebäude auf dem großen Platz. Ursprünglich war in dem Gebäude der Tuchmarkt. Heute gibt es dort Stände mit lokalem Kunsthandwerk und eine Ausstellung. Weihnachtsbaumschmuck, Bernstein oder Töpferwaren.

Vor dem alten Rathausturm liegt die Skulptur eines Männerkopfes. Es wäre Eros. Ohne Augen. Weil Liebe blind macht, erzählt mir mein Touristenführer. Ich habe mich zu einer Stadtrundfahrt im E-Car überreden lassen. Bei der Hitze sehr angenehm und ich bekomme einen schnellen Überblick über die Sehenswürdigkeiten bzw. die bedeutenden Orte in Krakau. Mein Guide kommt aus der Ukraine. Um eine Antwort ist er nie verlegen. Kreativ überspielt er, wenn er etwas nicht weiß. Er ist seit zwei Jahren in Krakau und ist begeistert von der Stadt. Ihm gefällt das historische Krakau und die vielen Möglichkeiten auszugehen. Er schwärmt mir von Kiew vor. Die Ukraine ist nicht weit entfernt. Sie könnte mein nächstes Ziel sein, wenn ich nicht nach Hause wollte, um meine neugeborene Enkeltochter kennenzulernen und um meine Familie zu sehen. Nächstes Jahr!

Wir fahren durch das ehemalige jüdische Viertel – Kazimierz. Um die 10 Synagogen zeigt er mir. Nach den Progromen im Mittelalter wurden die Juden nach Kasimierz umgesiedelt. Während der deutschen Besatzung wurde der Stadtteil geräumt und die Juden ins Ghetto auf der anderen Weichselseite gebracht. Heute ist Kasimierz ein Touristen- und Ausgehviertel. Es gibt alte jüdische Geschäfte, die als Bar genutzt werden und jüdische Restaurants. Die Touristen gingen abends in die historische Altstadt und die Einheimischen nach Kasimierz, erzählt mein Guide. Juden wohnen freilich nicht mehr hier. Zur Geschichte von Kasimierz empfehle ich:

https://wildeast.blog/juedisches-viertel-krakau-kazimierz/

Wir fahren auf die andere Weichselseite. Dort ist das Ghetto und Schindlers Fabrik, die als Motiv für den Film von Steven Spielberg ‚Schindlers Liste‘ gedient hat. Und wir fahren an dem Apell-Platz vorbei, auf dem die Menschen sich versammeln mussten, um in die Vernichtungslager transportiert zu werden. Wer sich gewehrt hat, wurde sofort erschossen.

Es ist Zeit, über den Heimweg nachzudenken. Auch ohne Lokführerstreik ist es nicht so einfach, mit Zug und Rad von Krakau heimzukommen. Eine Fahrradkarte kann ich nur für Züge buchen, die in Polen abfahren. Später schreibt mir ein Bekannter, dass man in Deutschland Fahrradkarten telefonisch buchen kann. Am Schnellsten geht es über Berlin. Da ich zwar weiß, dass gestreikt wird, aber nicht weiß wann, versuche ich es über Wien mit der Hoffnung, dass ECs aus Österreich von österreichischen Lokführern gefahren werden. Trügerische Hoffnung!

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